Rentenanwartschaft nach einer Scheidung

Unter Rentenanwartschaft versteht man die bereits erzielten Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung, die bei Eintritt in die Rente zu einem Rentenanspruch werden. Nach einer Scheidung sieht das Gesetz es vor, dass die Ex-Partner ihre Rentenanwartschaften aufteilen. Hierbei sprechen wir von einem Versorgungsausgleich. Für die meisten Menschen ist der Ausgleich ein wichtiger Baustein ihrer Altersvorsorge und sollte stets bei einer Scheidung mit einbezogen werden. Doch welche gesetzlichen Regelungen gibt es überhaupt? Wie geht man bei einer Scheidung am besten vor, um die Rente zu sichern? Gibt es Sonderregelungen?

Der Ablauf des Versorgungsausgleichs

Bei einer Scheidung gibt es oft tausend Dinge zu klären: Das Sorgerecht der Kinder, die Aufteilung materieller Güter und verschiedene andere finanzielle Fragen. Auch wenn es zunächst nebensächlich erscheinen mag, so ist die Regelung der Rentenanwartschaft ein wichtiger Verhandlungspunkt, denn die Rentenanwartschaften können bei den Ex-Partnern unterschiedlich hoch sein. Vielleicht war beispielsweise einer von beiden längere Zeit wegen der Kinderbetreuung zuhause oder hat in Teilzeit gearbeitet und konnte deshalb weniger Rentenpunkte sammeln. Der Versorgungsausgleich hat zum Ziel, diese Unterschiede auszugleichen. So werden die insgesamt gesammelten Rentenpunkte während der Ehe halbiert und jedem Partner jeweils zur Hälfte zugeschrieben. Der Ausgleich erfasst außerdem nicht nur die Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung. Vielmehr werden sämtliche Versicherungsverträge mit einbezogen, auch private Rentenversicherungen, Riester-Rente, Erwerbsunfähigkeitsrente die später einen Rentenanspruch darstellen. Nicht in den Ausgleich fallen jedoch solche Versicherungen, deren Kundenanspruch lediglich eine Einmalzahlung vorsieht. Dazu gehören beispielsweise Kapital- oder Risikolebensversicherungen. Der für den Versorgungsausgleich relevante Zeitraum deckt sich mit der Zeit, in der die Ex-Partner miteinander verheiratet waren: Also vom Monat, in dem die Ehe geschlossen wurde, bis zum Monat, in dem sie wieder aufgelöst wurde. Auch die Rentenanwartschaften, die während der Trennungsphase erworben wurden, zählen dazu – es sei denn, es wurde eine individuelle abweichende Regelung getroffen.

Wie wird der Versorgungsausgleich berechnet?

Die Berechnung des Ausgleichs ist für Laien sehr komplex und wird aus diesem Grund grundsätzlich durch das Familiengericht ermittelt. Für die Berechnung werden zunächst sämtliche Anwartschaften aufgeführt und offengelegt. Alle Arten von Ansprüchen werden dabei mit einbezogen – sowohl statische als auch dynamische Rentenverträge. In Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung gilt ein sogenanntes „Rentensplitting“. Das bedeutet, dass man die Rentenpunkte aus der gesetzlichen Rentenversicherung kontrolliert und mit einem Geldwert bezeichnet, der später aufgeteilt und in die Berechnung einbezogen wird.

Sonderregeln: Wann findet kein Versorgungsausgleich statt?

Es gibt Fälle, in denen kein Ausgleich stattfindet. Das ist zum Einen, wenn einer der Partner den anderen bedroht oder verletzt hat und dies der Grund für die Scheidung war. Zum anderen wird kein Ausgleich vorgenommen, wenn die Ehe weniger als drei Jahre gedauert hat. In diesem Fall kann allerdings einer der Ex-Partner darauf bestehen, dennoch einen Ausgleich vorzunehmen. Das lohnt sich zum Beispiel dann, wenn der Ex-Partner besonders viel verdient oder einer der Partner aufgrund der Kindererziehung nicht gearbeitet hat. Aus diesem Grund ist es immer sinnvoll, den Fall von einem Anwalt prüfen lassen, bevor man auf den Versorgungsausgleich verzichtet.

Davon abgesehen ist es allerdings auch möglich, den Ausgleich einvernehmlich zu regeln. Das macht zum Beispiel Sinn, wenn man weiß, dass der Ausgleich zu keinem fairen Ergebnis kommen würde oder aus anderen Gründen nicht gewollt ist. Ebenfalls gibt es Fälle, in denen der Ausgleich bereits vorab in einem Ehevertrag geregelt worden ist. Dafür ist es notwendig, den Vertrag vorab von einem Notar beurkunden zu lassen und von beiden Seiten zu unterzeichnen. Auch im Scheidungstermin selbst ist es noch möglich, auf den Versorgungsausgleich zu verzichten. Dies geht allerdings nur, wenn beide Ex-Partner zum Termin bereits einen eigenen Anwalt mitgebracht haben. Durch diese Regelung soll die schwächere Partei geschützt werden.

Eine weitere Ausnahme tritt in Kraft, wenn der ausgleichsberechtigte Ex-Partner verstirbt. In diesem Fall hat der zurückbleibende Partner die Möglichkeit, die volle Rente zu bekommen. Dies wird dann als Rückausgleich bezeichnet. Dafür muss allerdings eine Überprüfung bei der Rentenversicherung veranlasst werden. Diese Überprüfung ist insbesondere dann erfolgsversprechend, wenn der Ex-Partner weniger als 36 Monate Rente übertragen bekommen hat. An dieser Stelle ist es jedoch wichtig, sofort zu handeln. Falls ein Anspruch besteht und dem Antragssteller daher fälschlicherweise keine Rente ausgezahlt wird, wird es dennoch keine Rückzahlung geben.

Stand: 17.04.2022